Lebensgeschichten

Anna Čadia

1903 – 2001
Rote Hilfe
Sammeln von Geldern
KZ Ravensbrück

Anna Čadia wird am 18. Dezember 1903 in Graz geboren. Sie wächst in einer 7-köpfigen Arbeiter*innenfamilie auf. Der Vater stirbt früh, die älteren Kinder helfen der Mutter beim Geldverdienen. Die Arbeit am Bauernhof, wo Anna Čadia auch wohnt, „damit daheim ein Esser weniger ist“, prägt sie. „Mit vier Jahren habe ich zu denken angefangen“, sagt sie später. Als Jugendliche begeistert sie sich für die Russische Revolution. Sie bricht die Schule ab, arbeitet in Fabriken, bringt das Geld für die kranke Mutter heim.

Da sie gut mit Kindern umgehen kann, erhält sie ein Stipendium und besucht die Fürsorgerinnenschule in Graz. Als Fürsorgerin in Leoben setzt sie sich dann besonders für Frauen und Mädchen ein. 1927 bringt Anna Čadia ihre Tochter Mila zur Welt, entscheidet sich aber gegen die Ehe mit dem Kindesvater aus Jugoslawien, um Staatsbürgerschaft und Arbeitsplatz nicht zu verlieren.

Anna Čadia ist in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und später in der Kommunistischen Partei aktiv. 1934 wird sie das erste Mal verhaftet und verliert ihre Arbeit als Fürsorgerin. Im gleichen Jahr reist sie als Delegierte zum Weltkongress gegen Faschismus und Krieg nach Paris. Sie findet eine Stelle in der Leobener Arbeiterbäckerei. 1938 engagiert sie sich in einer Widerstandsgruppe der Roten Hilfe. Sie sammelt Gelder für politisch Verfolgte und ihre Familien. Doch ihre Gruppe wird verraten und sie selbst am 20. Mai 1940 von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) verhaftet. Anna Čadia wird von der Gestapo verhört und eineinhalb Jahre im Landesgericht Graz eingesperrt. Das Urteil lautet auf „Vorbereitung zum Hochverrat“.

Auch der Mann ihrer Schwester Franzi, Josef Motschnik, genannt „Pepsch“, ist dort inhaftiert. Er hat in seinem Betrieb eine Gruppe der Roten Hilfe aufgebaut. Nach Anna Čadias Verhaftung wächst ihre Tochter Mila bei Franzi auf. 1943 wird Josef Motschnik im Wiener Landesgericht geköpft. Anna Čadia wird 1942 ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Im Lager ist sie Teil des kommunistischen Widerstandes und hilft kranken Mit­gefangenen. 1945, kurz vor der Befreiung durch die Rote Armee, entflieht sie mit einer Gruppe von Frauen und Mädchen dem SS-Todesmarsch. Zu Fuß kehrt sie nach Graz zurück. Sie arbeitet im Kulturamt der Landesregierung, leitet dann das Grazer Kinderheim und ist schließlich bis zu ihrer Pensionierung 1964 Mitarbeiterin der Zentral­fürsorgestelle in Graz.


Quellen

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
7748

Steiermärkisches Landesarchiv
Pol-Dion-Graz-Polizeianhaltezentrum 
Index Band 1 + Aufnahmebücher Band 1, 1940
LG-LN-Vr-708-1933, 1933

Privatarchiv Eva Schmeiser Čadia

Privatarchiv Liesbeth Hornik-Turnowsky  
Privatarchiv Ernest Kaltenegger
Anna Čadia im Gespräch mit Margitta Kaltenegger (Audio-Interview)
1988, Volkshaus Graz
wert
Top