Lebensgeschichten

Erdös Endréné

1929
Geborene Grünfeld Magdolna
KZ Auschwitz, KZ Lenzing
Zwangsarbeit in Oberösterreich

Erdös Endréné wird am 1. August 1929 in Pajszeg, Komitat Zala, in Ungarn geboren. Der Vater ist Pferdehändler und hat aus erster Ehe schon fünf Töchter, als Erdös und später ihr Bruder zur Welt kommen. Die Eltern sind säkuläre Juden und betreiben ein kleines Dorfgasthaus. Erdös Endrénés Mutter bringt den Kindern Hebräisch und die Gebete auf Ungarisch bei. Einmal im Jahr nehmen die Kinder in Zalaegerszeg Religionsunterricht. Ab und zu besucht die Familie den Tempel in Szombathely, zu Pessach, oder an den hohen Feiertagen im Herbst.

Am 15. Mai 1944 verschleppt man Erdös Endréné mit ihren Eltern und dem jüngeren Bruder nach Zalaegerszeg ins Ghetto. Am 5. Juli 1944 werden sie nach Auschwitz deportiert. Die Eltern und der Bruder werden von Mengele selektiert und ins Gas geschickt. Erdös Endréné kommt ins Lager C, in den Kinderblock. Im September 1944 wird die 15-Jährige nach Österreich deportiert. Sie kommt nach Lenzing, ein Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen, und wird in der Lenzinger Zellwolle- und Papierfabrik zur Zwangsarbeit eingesetzt. Erdös Endréné nimmt aus der Papierfabrik ein Heft und einen Bleistift mit ins Lager und schreibt Kochrezepte hinein. Eine andere Überlebensstrategie ist für sie das Weinen. Sie beweint das Brot, wenn es ihr gestohlen wird, ihre Schnürschuhe oder das Heft, wenn die SS-Aufseherinnen es ihr wegnehmen.

Am 5. Mai 1945 wird Erdös Endréné von der US-Armee befreit. Sie leidet an einer feuchten Brustfellentzündung und wird in das Sanatorium Kohlbruck bei Passau gebracht. Erst am 9. Dezember 1945 kann sie nach Ungarn zurückkehren. Von der 9-köpfigen Familie haben nur vier Schwestern die Shoah überlebt. Erdös Endréné und eine ältere Schwester fordern die Lizenz für das Gasthaus ihres Vaters zurück, das sie bis 1949 gemeinsam betreiben. 1950 beginnt Erdös Endréné als Kassiererin in einem Kleinhandelsunternehmen zu arbeiten, sie wird Verkäuferin, Geschäftsführerin und 1953 heiratet sie ihren Mann, ebenfalls ein jüdischer Überlebender, dessen Familie großteils in Auschwitz ermordet worden ist. 1964 beginnt sie ein technisches Fernstudium, 1968 macht sie die Matura nach. Erdös Endréné und ihr Mann haben eine Tochter und eine Enkeltochter, die Familie lebt in Budapest.


Quellen

Sammlungen der KZ-Gedenkstätte Mauthausen
AMM OH/ZP1/54
Erdös Endréné im Gespräch mit Júlia Vajda (Audio-Interview)
1. Juni 2002, Budapest
Originalsprache Ungarisch
Transkript: Deutsche Übersetzung von Gerhard Baumgartner


Literatur

Szabolcs Szita
Ungarn in Mauthausen
Ungarische Häftlinge in SS-Lagern auf dem Territorium Österreichs
Wien 2006

Szabolcs Szita
Verschleppt, verhungert, vernichtet
Die Deportation von ungarischen Juden auf das Gebiet des annektierten Österreich 1944 – 1945
Wien 1999




 
wert
Top