Lebensgeschichten

Gruppe Soldatenrat

1939 – 1941

Die Gruppe von Jugendlichen und jungen Frauen und Männern entstand aus dem Kommunistischen Jugendverband (KJV). Der Name „Gruppe Soldatenrat“ wurde den jungen Aktivist*innen von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) nach einer von ihnen herausgegebenen Flugschrift gegeben. Die Gruppe verfasste und vervielfältigte Flugzettel und Zeitschriften (Der Soldatenrat, Rote Jugend, Kamerad! Soldat der deutschen Wehrmacht!) und verteilte und verschickte diese per Feldpost. In den Feldpostbriefen wurden Wehrmachtsoldaten aufgefordert, ihre Waffen niederzulegen und nicht mehr beim Krieg des Naziregimes mitzumachen. Außerdem wurden Sabotageakte und Anschläge geplant, um die Kriegsproduk­tion aufzuhalten. Die Jugendlichen sammelten Zelluloidabfälle, die leicht brennbar waren. Daraus wurden Brandsätze hergestellt, die z.B. auf Bahnstrecken, am Wiener Westbahnhof, in der Nazipropaganda-Ausstellung „Das Sowjetparadies“ (1942) oder in Postbriefkästen deponiert wurden bzw. werden sollten.

In den Jahren 1941 bis 1943 kam es zu mehreren Verhaftungswellen durch die Gestapo, die in die Gruppe Spitzel eingeschleust hatte (Hedrich 1984: 13-16, Tidl 1976: 34ff, 108). Nur einige wenige Aktivist*innen entgingen – dank der Widerstandskraft der Verfolgten und Gefolterten, aber auch dank der organisierten Konspirativität – den brutalen Verhören durch die Gestapo und der Hinrichtung im Wiener Landesgericht und in Berlin Plötzensee.

Das Naziregime mit Zuchthausstrafen überlebt haben: Edith Gadawits (geboren 1924, später Edith Schober), Gertrude Hausner (geboren 1922, später Gertrude Springer), Anna Senhofer (geboren 1923), Ernestine Soucek (geboren 1892), Sophie Vitek (geboren 1919)

Von den Nazis zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden: Ernestine Diwisch (23 Jahre), Alfred Fenz (23 Jahre), Anna Gräf (18 Jahre), Elfriede Hartmann (22 Jahre), Rosa Hofmann (23 Jahre), Felix Imre (25 Jahre), Walter Kämpf (23 Jahre), Oskar Klekner (20 Jahre), Rudolf Klekner (30 Jahre), Leopoldine Kovarik (24 Jahre), Karl Mann (20 Jahre), Rudolf Mašl (23 Jahre), Friedrich Mastny (22 Jahre), Anton Mayer (20 Jahre), Bruno Morawitz (20 Jahre), Friedrich Muzyka (23 Jahre), Johann Neubauer (23 Jahre), Alfred Rabofsky (25 Jahre), Franz Reingruber (22 Jahre), Leopoldine Sicka (19 Jahre), Franz Sikuta (22 Jahre), Anna Wala (53 Jahre)

Viele Details sind noch immer unklar. Die Geschichte der „Gruppe Soldatenrat“ ist auch deswegen schwer zu rekonstruieren, da so viele ihrer Mitglieder umgebracht wurden und von den meisten lediglich Gestapo-Akten erhalten sind.


Quellen

Bundesarchiv
R3017/22900

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
629; 2424
Flugblattsammlung 4063/33; 4063/4; 4074/221
​Interview 226 (Erna Hedrich, Teil III), Transkript, 6. November 1984


Literatur

Lisl Rizy, Willi Weinert (Hg.)
„Mein Kopf wird euch auch nicht retten“
Korrespondenzen österreichischer WiderstandskämpferInnen aus der Haft
Wien 2016

Maria Szecsi, Karl Stadler
Die NS-Justiz in Österreich und ihre Opfer
Wien/München 1962

Marie Tidl
Die Roten Studenten
Dokumente und Erinnerungen 1938 – 1945
Materialien zur Arbeiterbewegung Nr. 3
Wien 1976

Willi Weinert
„Mich könnt ihr löschen, aber nicht das Feuer“
Wiener Zentralfriedhof – Gruppe 40
Wien 2004

 
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