Lebensgeschichten

Walter Kämpf

1920 – 1943
Deckname „Georg“
KJV, „Gruppe Soldatenrat“

Walter Kämpf wird am 12. September 1920 in Wien geboren. Er besucht die Bundeslehr- und Versuchsanstalt für chemische Industrie in Wien, wird jedoch 1936 wegen kommunistischer Betätigung von der Schule ausgeschlossen. Später kann Walter Kämpf den Unterricht jedoch fortsetzen und schließt den 4. Jahrgang 1938/39 mit ausgezeichneten Noten ab. Im Herbst 1939 wird er zur Wehrmacht eingezogen und ist ab 1941 als Sanitäter im Luftwaffenlazarett Wien tätig.

Walter Kämpf ist führender Funktionär des Kommunistischen Jugendverbands (KJV) und gehört zu den zentralen Figuren der „Gruppe Soldatenrat“. Aufbauend auf sein chemisches Wissen erzeugt die Gruppe Brandsätze, mit denen Sabotageakte und Brandanschläge auf kriegswichtige Einrichtungen (z.B. Bahnstrecken) durchgeführt werden. Gemeinsam mit den anderen Mitgliedern verfasst, vervielfältigt und verteilt Walter Kämpf Flugschriften gegen die Nazis (Rote Jugend, Kamerad! Soldat der deutschen Wehrmacht!, Der Soldatenrat). Die Schriften werden an Orten deponiert, die viele Soldaten besuchen, z.B. auf Bahnhöfen, in Zugabteilen und Telefonzellen. Die Gruppe verschickt auch Briefe an Wehrmachtsoldaten in Kasernen und an der Front. Die Soldaten werden darin zur Desertion aufgerufen.

Am 27. April 1942 wird Walter Kämpf verhaftet. Die „Gruppe Soldatenrat“ ist durch Spitzel der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) verraten worden. In mehreren Kassibern an seine Eltern warnt Walter Kämpf vor den Spitzeln und beschreibt die schrecklichen Foltermethoden der Gestapo. Mit vorgetäuschten Zusammenbrüchen und falschen Geständnissen versucht er andere Mitglieder der Gruppe zu schützen und die Gestapo in die Irre zu führen. Nach vielen Verhören und schweren Folterungen wird Walter Kämpf am 17. April 1943 in Wien wegen „Wehrkraftzersetzung, eines Unternehmens des Landesverrats, Feindbegünstigung und Vorbereitung zum erschwerten Hochverrat“ zum Tode verurteilt.

Sein Vater Josef Kämpf schreibt über den vom Gericht beigestellten „Verteidiger“, den SS-Obergruppenführer Dr. Alois Bernwieser: „Die jungen Angeklagten betitelte er nur als ,Strolche‘. […] Einige Tage vor der Verhandlung bat er mich in seine Kanzlei und teilte mir mit, daß mein Sohn vor der Verhaftung einen Zettel ,gefressen‘ habe, worauf die Namen einiger höherer Offiziere gekritzelt waren. Ich sollte auf ihn einwirken, daß er die Namen preisgebe, da weder Gestapo noch er sie aus ihm herausbringen könnten. Ich wies die Zumutung zurück. Darauf sagte er: ,So wird er eben das Geheimnis mit ins Grab nehmen.‘ Das war vier Tage vor der Gerichtsverhandlung.“ Am 2. November 1943 wird Walter Kämpf im Alter von 23 Jahren im Wiener Landesgericht geköpft.


Quellen

Bundesarchiv
R3017/22900; R3017/22901

Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes

Alfred Klahr Gesellschaft


Literatur

Marie Tidl
Die Roten Studenten
Dokumente und Erinnerungen 1938 – 1945
Karl R. Stadler (Hg.)
Materialien zur Arbeiterbewegung Nr. 3
Wien 1976

Herbert Steiner
Zum Tode verurteilt
Österreicher gegen Hitler
Eine Dokumentation
Wien 1964, S. 111f

Brigitte Bailer, Wolfgang Maderthaner, Kurt Scholz (Hg.)
„Die Vollstreckung verlief ohne Besonderheiten“
Hinrichtungen in Wien, 1938 bis 1945
Wien 2013

Lisl Rizy, Willi Weinert (Hg.)
„Mein Kopf wird euch auch nicht retten“
Korrespondenzen österreichischer WiderstandskämpferInnen aus der Haft
Wien 2016

Elisabeth Boeckl-Klamper, Thomas Mang, Wolfgang Neugebauer
Gestapo-Leitstelle Wien 1938 – 1945
Wien 2018




 
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